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Tropfende Schönheit / Dripping beauty

05.11.2015 Siem Reap / Kambodscha / N13°24’23.0“ E103°49’33.5“

Noch einmal machen wir uns auf, den Steinen näher zu kommen. Der Ort, zu besonders, als dass wir ihm nach einem Tag den Rücken kehren wollten. Zuwendend, doch am liebsten schwebend, bewegen wir uns auf sie zu. Jeder Schritt, jede direkte Berührung, jede Erschütterung vorbeifahrender Tuk Tuks ist wie ein kleines Erdbeben für die versteinerten Träume. Erst Ende der neunziger Jahre Stück für Stück der Öffentlichkeit in der heutigen Form zugänglich gemacht, frage ich mich ernsthaft, wie lange diese sich selbst überlassene Zauberwelt es erträgt, Tag für Tag von tausenden Füßen begangen zu werden. Die Eintrittsgelder könnten helfen, das Gelände zu beschützen. Doch wir hören von großräumiger Korruption, die das Geld überall hin schwemmt. Nur nicht zu den Steinen. Fragil wirken die Türme. Mir ist, als hörte ich leises Rufen. Einem Fall in Zeitlupe gleichen sie mir. Einst Stabilität preisend sitzen die Türme heute vor mir, als seien sie alte Männer und Frauen. Von ihren langen und intensiven Leben gezeichnet. Jede Falte ein Kunstwerk des Gelebten. Faszination und Mitgefühl breiten sich als Gemisch in mir aus. Die Türme, Treppen, Skulpturen, Hallen, Gänge werden in meinem Kopf lebendig. Während ich sie durchlaufe, betrete, umrunde, ihnen ausweiche oder vorsichtig übersteige, scheinen sie mehr und mehr einen Dialog mit mir einzugehen. Da ist der Wassertempel. Der regentropfnass geschützt von dem ihn umgebenden See heute ganz traurig aussieht. Irgendwie einsam. „Ta Prohm“, dem wir heute einen zweiten Besuch abstatten, hält sich wacker. So viele „Lara Crofts“ im Geiste laufen hier umher. Kichernd auf das Foto wartend, welches die Freundinnen an der einen speziellen Stelle wechselseitig voneinander schießen. Dort, wo Lara Croft nachgewiesener Maßen stand. Der Tempel nimmt es gelassen. Er ist stolz auf seine filmische Bekanntheit. Doch kann er nicht verbergen, welche Kraft es ihn kostet, irgendwie seine Form zu wahren. Er ist beides. Wunderschön und gebrechlich. Und doch ein Ort voller Kraft.

Still wird es heute. Der starke warme Regen scheint die Leute zu vertreiben. Das genießt „Preah Khan“. Etwas abseits steht der Tempel mit seinen langen Gängen und sich wundersam öffnenden Hallen. Die Regenruhe scheint sein Element. Allein kommen wir in den Genuss ihn zu entdecken. Die verdunstende Feuchtigkeit entsteigt seinen Steinen und Wiesen. Die Wurzeln umklammern ihre Lieblingsskulpturen, als seien sie Reptilien. Die Papageien geben ihr Konzert und schenken dem Ort kreischende Dschungel Echos. Das Licht, matt bläulich eingefärbt, mit Pastell gemischt. Etwas Weiß ist auch dabei. Momente, um meinen Atem anzuhalten. Den Augenblick ablegend in einem meiner inneren Schatzkästchen. Blau, Gelb, Rot, Weiß und Gold setzen ihren Akzent auf den Tag. Dann, als ein Mönch uns seine Buddhistische Flagge schenkt. „Das „Blau“ ist der Himmel. Das muss nach Oben“, beeilt er sich, uns mit auf den Weg zu geben.

Ich bin dem Regen dankbar für seinen Glanz, den er den Steinen verleiht, für seine Pfützen, in denen sich die Skulpturen besehen können wie in Spiegeln. Tropfende Schönheiten. Ich sehe euch hörend.
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