Das nenne ich mal Straßenverkehr
14.02.2015 Iran / Teheran / N35°45’13.3“ E051°25’28.0“
Iran, das Land mit den vier Jahreszeiten. So nennen die Iraner ihr Land selbst. Weil man zur selben Zeit im Norden Winter und im Süden Sommer erleben kann. Und so fahren wir heute Morgen bei frostigen Minusgraden in Tabriz los, um uns auf den 650 Kilometer langen Weg nach Teheran zu begeben. Das Landschaftsbild begrüßt uns anfangs, als seinen wir in den verschneiten Alpen unterwegs. Nichts scheint den Vorstellungen zu entsprechen, die wir vom Iran haben.
Langsam ändert sich das Bild, als wir von 2.500 Metern Höhe langsam auf 1.700 Meter gelangen. Schroffe, kahle Berge umgeben uns nun und alles scheint unendlich weit. Selbst eine Tankstelle finden wir heute. ‚Also auf, wir probieren das jetzt, wie es mit dem Tanken funktioniert’, sagen wir uns. Ausländer können normaler Weise keinen Diesel kaufen, da man keine Tankkarte besitzt. Doch der Tankwart nimmt bereitwillig seine eigene Tankkarte, steckt sie in die Tanksäule und schon läuft der Diesel. 250 Liter für gerade einmal 25€, dass ist doch mal ein Preis! Nur mit dem Bezahlen haben wir so unsere Schwierigkeiten. Mit einem großen Bündel steht Sten da, als der Tankwart ihm den Preis nennt. 100.000 Rial sind in etwa 1€. Doch die Zahlenangabe in Rial steht nur auf den Scheinen. Gesprochen wird in der Einheit Toman. 100.000 Rial sind 10.000 Toman. Das heißt, wenn uns 10.000 als Betrag gesagt werden, müssen wir 100.000 hingeben. Nur dass es im Alltag nicht mit den glatten Zahlen abgeht. Und so hält Sten einfach das Geldbündel hin und der Tankwart nimmt sich, was er braucht. Das geht, weil wir ja wissen, dass Sten umgerechnet nicht mehr als 30€ in der Hand hält. Das mit dem „Eigentlich“ begegnet uns hier im Iran an jeder Ecke. „Eigentlich“ bekommen wir keinen Sprit. „Eigentlich“ darf kein Alkohol getrunken werden. „Eigentlich“ gibt es keine Scheidungen. „Eigentlich“ ist Facebook verboten. Und so geht es weiter in allen möglichen Lebensbereichen. Die Antwort die wir bekommen, als wir fragend schauen ist: „Na wenn ihr aus dem ehemaligen Ostteil Deutschlands kommt, dann wisst ihr doch, wie es bei uns läuft.“ Es gibt also ein offizielles und ein inoffizielles Verhalten. Diesen Unterschied nehmen wir an jeder Stelle wahr. Nach 600 Kilometern wird der Verkehr um uns herum merklich dichter. Und zwar so dicht, dass wir um uns herum nur noch ein Meer an Autos wahrnehmen. Es geht nicht darum in der Spur zu fahren. Es geht ausschließlich darum vorwärts zu kommen. In Istanbul dachten wir schon, der Verkehr sei dicht, doch was wir heute erleben, übertrifft alles bisher Gekannte bei weitem. Wir sind verabredet am „Vanak Squere“ und haben keine Ahnung ob wir da jemals ankommen werden. Glücklicher Weise läuft unser GPS Navigator heute über große Strecken stabil. So ist uns die grobe Richtung klar. Wir fließen mit dem Fahrzeugmeer mit, obwohl uns die Polizei mahnt, dass man mit einem LKW nicht in die Stadt darf. Doch was haben wir für eine Wahl? Also verstehen wir nicht und rollen weiter. 500 Meter vor unserem Ziel wird es an einer Kurve so eng, dass wir einen schwarzen Kratzer in dem weißen Lack eines PKWs hinterlassen. Sofort große Aufregung. Ein Polizist ist zur Stelle, die Frau ruft aufgeregt ihren Mann an, ernste Gesichter, Diskussionen mit ausladenden Gesten. Als der Ehemann eintrifft, entspannt sich die Lage sofort. Er begrüßt uns in seinem Land und interessiert sich mehr für unser Motorrad, welches hinten am Leo befestigt ist, als für den Kratzer. Und so gibt’s zum Abschluss noch ein gemeinsames Foto mit lachenden Gesichtern und die Sache ist erledigt. Uff, das hat gesessen! Hätte auch ins Auge gehen können. Ramin, unser Mann, mit dem wir verabredet sind, findet uns tatsächlich in dem Gewimmel des „Vanak Square“, in der Stadt mit mehr als 15 Millionen Einwohnern. Er führt uns mit dem Leo zu einem ruhigen Park, an dem tatsächlich Platz zum Halten ist für uns. So stehen wir nun direkt am Eingang des neu eröffneten Kriegsmuseums. Ein Panzer schaut direkt in unser Fenster hinein. Die Stadtpolizei ist unser Nachbar auf der anderen Seite. Uns wird versichert, dass es einen sichereren Platz für uns in ganz Teheran nicht geben kann.
Den Abend verbringen wir mit Ramin. Er ist ein Freund von Atil aus Kappadokien. Mit dem wir in Göreme bei den Aschehäusern zusammen trafen. Und so tauchen wir in den Gesprächen wieder ein Stück tiefer in die Geschichten des Irans ein.
Mehr Bilder hier, genießt diese, denn pro Bild dauert es 30 Minuten zum Hochladen !!!!!!!!!!
Toll und spannend geschrieben! Das einem bei Erlebnissen wie dem Kratzer erstmal das Herz in die Hose rutscht kann ich mir vorstellen.
Bin heute auf der Suche nach Futter für meinen Feedreader auf euren Reiseblog gestoßen und werde eure Reise gespannt verfolgen…
Viele Grüße
Christian