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Selbst gejagtes Känguru in Rotweinsoße im Busch von Australien

31.12.2015 Cooktown / Australien / S15°28’10.4“ E145°15’23.1“

Reden was das Zeug hält. Ohne Punkt und Komma. Stunden lang. Ein erster Kaffee zu Sonnenaufgang. Dazu ne Geschichte als Sahnetupfer. Das späte Frühstück. Breit ausgerollt, wie ein gut gegangener Hefeteig. Immer wieder walzen wir über das klebrige Etwas und holen bei jedem Anlauf gut zehn Zentimeter an Erinnerung heraus. Ein Wasser hier, eine Mini-Episode dort. Die Sonne steigt hoch und höher. Auf Zehnspitzen steht sie und ringt um unsere Aufmerksamkeit. Doch. Sorry. Wir bemerken sie kaum. Weben sie als lichtes Beiwerk in unser Zuhören ein. Seit Monaten ist sie, wie selbstverständlich, bei uns. Doch Pustekuchen. In spätestens zwei Wochen hüpft ein anderer Wetterfrosch um uns herum. Der mit schweren Schuhen am Sprunggelenk und fetter Stepp-Jacke, über den Rücken geworfen. Der quakt was von mitteleuropäischem Januarwetter. Da ist Schluss mit lieblichem Froschkonzert zur lauen Mondscheinnacht. Dann ist Husten die Melodie zu Mitternacht. Doch, alles Schnee von morgen… Heute ist, was wir daraus machen.

Wie der Nachmittag sich so plötzlich heran geschlichen haben kann, ist mir ein Rätsel. Gut. Setzt er sich eben und hört einfach zu. Wie viele Worte haben wir in uns? Wie geht es, dass wir manchmal sprudeln als habe jemand den Hahn zum Mittelpunkt der Erde geöffnet? Und dann wieder stumm sind, als wäre da niemals etwas gewesen. Ich liebe die Resonanz des tatsächlichen Miteinanders. Wir drei werfen uns die Bälle zu. Bei denen ein Gedanke den nächsten ins Rennen schickt. Als überreichten wir uns einen Staffelstab mit Flügeln. Ist Erzählen Verarbeiten? Ist Zuhören Verstehen? Wie stark modelliert unser unbewusstes Interpretieren das Erlebte? Alles ganz egal. Was Freude macht, dem gebe ich Recht.

Zur Abwechslung, Beine vertreten auf Nachbars Grundstück. Zwei Hügel weiter. Hier im Dschungel Cooktowns eine lautstarke Angelegenheit. Nicht nur die vier munter barfuß durchs Haus rennenden Nachbarskinder zeigen Stimme. Da mischen sich nie gehörte Vogellaute mit ein. So tief und kehlig, als sei der Vogel zur Stimme mindestens einen Meter hoch. Und hat dann doch nur Amselgröße. Ein Grundstück ist hier, was bei uns einen ganzen Wald benennt. So wild und unberührt. Ein Kinderparadies. Nicht nur für Kinder.

Immer wieder stoße ich mit meiner Nase auf Lebenskonzepte, die sich von denen in Deutschland auf das Äußerste unterscheiden. Ich fasse mal hier an, berühre dort. Setze mich daneben oder auch einfach darauf. Vielleicht färbt was ab. Wie eine bestäubte Blüte, die ich an mir trage, um sie zu Hause neu zu verpflanzen.

Einkaufen für den Abend. Auch Profanes muss sein. Eine Keule Robis selbst gejagten Kängurus will ich in Rotweinsoße zum Schwimmen bringen. Ein paar Zutaten in den Korb gelegt, und fertig ist das Silvester-Shopping.

„Silvester“, was heißt das eigentlich? Weiß ich nicht. Will ich nachsehen. „Silvester“ bedeutet „Waldmensch“. Doch das kann nicht die Erklärung sein, warum wir den Abend des Alten und beginnenden Morgen des Neuen Jahres so nennen. Papst Silvester I. war der Namensgeber für unser Feiern. Er verstarb am 31. Dezember des Jahres 335. Die gregorianische Kalenderreform verlegte 1582 den letzten Tag des alten Jahres vom 24. auf den 31. Dezember. Und nutzte den Namenstag „Silvester“ zur Benennung unserer Wechselzeremonie.

In diesem altehrwürdigen Sinne verspeisen wir zu Dritt unseren auf das Köstlichste gelungenen Kängurubraten, entzünden die eine und andere Wunderkerze. Freuen uns über das Lachen in unseren eigenen Gesichtern. Erinnern uns gleichfalls an unser frierenden Körper von vor einem Jahr. Zähne klappernd wünschten wir uns von Handschuh zu Pudelmütze nuschelnd, an einem windig, eisigen Strand in Griechenland, ein gutes neues Jahr. Gelacht habe ich damals nicht. Zu ungewiss war mir, was kommen würde. Genau so wenig weiß ich heute, was vor mir liegt. Doch unterwegs habe ich verstanden, was „sich einlassen“ heißt. So ist die Angst ausgeflogen und macht der prallen Zuversicht reichlich Platz.

Ich will das Paradies nicht kaufen. Doch zu wissen wo es wohnt, ist toll. Oder wohnt es längst in mir zur Untermiete und ich brauche nur ab und an mal am Vorhang zu wackeln

2016. Ich freue mich auf dich.
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