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Hallo, hallo / Hello, hello

10.11.2015 Udong / Kambodscha / N11°46’48.3“ E104°44’36.0“

 

Shuttle Busse sind hier offen, haben eine Ladefläche. Vorn ist ein Moped oder Motorrad angespannt. Als Pferd sozusagen. Hinten-auf stehen Frauen. Dicht an dicht. Praktisch ist, dass jede die andere mit ihrem Körper hält. Blöd, in der Mitte zu stehen. Da wird die Luft definitiv knapp. Selbst im offenen Wagen. Unbeantwortet bleibt, was bei einer starken Bremsaktion passiert. Glück hat, wer die Sitz-Variante des Shuttles erwischt. Dann sind Metallstangen als Bänke angebracht. Ich kann nicht anders. Die Assoziation zum Hühnerstall will sich nicht verdrängen lassen. Fuhre für Fuhre rollt an uns vorbei. Hunderte, Häkelmützen bestückter Frauen. Eines fällt mir auf. Rot-Weiß gestreifte T-Shirts überwiegen in der überaus bunten Kleiderordnung. „Kommen die alle von einem Fußballspiel?“ Fragen wir uns laut. Doch so Viele? Und das hier? Und ausschließlich Frauen? Dann plötzlich lichtet sich das fragende Dickicht. Eine Fabrik taucht auf mit unglaublich vielen großen weißen Hallen. In Europa ein Anblick der mich nicht weiter anheben würde. Hier ein Bild, was mich zum Staunen bringt. Der Kontrast zu den Palmenwedel-Flechthäusern, welche die Straßenränder säumen, ist mehr als krass. Die Hallen sind unbeschriftet. Doch irgendwo finden wir einen kleinen Hinweis darauf, dass hier Textilien gefertigt werden. Ist das der Ort, an dem genäht wird? Sind das die T-Shirts, in denen dann „Made in Cambodia“ steht, wenn man in Europa auf den Waschzettel schaut? Wenn dem so ist, dann ist es zumindest so, dass hier den Frauen einer ganzen Region zu einem Arbeitsplatz verholfen wird. Über die Bedingungen, in denen das abläuft, kann ich nichts sagen. Doch sie sehen irgendwie stolz aus, in ihren gestreiften Shirts. So in der Art wie : „Ich gehöre dazu“. Beim Gemüse kaufen am Straßenstand tragen sie es ebenso, wie später auf ihren kinderbestückten Mopeds. Das Transportgeschäft scheint wiederum ein Business zu sein, über welches sich die Männer freuen. In unfassbaren Mengen stehen die Fahrer mit ihren Karren wartend vor dem Eingang der Fabrik. Ob sie hier noch Reis anbauen? Oder haben sie dazu keine Zeit mehr? Es ist, als sähe ich hier den Übergang von der ländlichen Arbeit auf dem Feld, ohne Uhr, definiertem Arbeitsbeginn und Ende, hin zur Fabrikarbeit, mit seinem getakteten Abläufen von Kommen und Gehen. Ich liebe das Fließende am selbst organisierten Tun. Und sehe mich dem Gegenüber, was das Leben in der westlichen Welt auszumachen scheint. Der Wechsel der Arbeitsform verändert den gesamten Lebensrhythmus. Dann laufen die Kinder nicht mehr um die Beine der unterrichtenden Lehrerin, dann kullern die Kleinen nicht mehr vorm Ventilator herum, während der Vater Telefonkarten verkauft. Dann ist Alltag neu zu organisieren. Wieder einmal würde ich gern mit den Frauen reden. Sie fragen und zuhören. Was mir bleibt sind die Bilder und Szenen.

Von denen gibt es unglaublich Viele, bei unserer Bootsfahrt durch eines der schwimmenden Dörfer am „Tonle Sap“. Im Norden des Sees, nahe Siem Reap, war es eine für Touristen zurecht gezimmerte Tour. Mit Tuk Tuk Service, Lunch-Pause und geplantem Verkauf von Schulheften. Wiederum für die Kinder des Dorfes bestimmt. Ganz anders nun hier im Süden. Das Gebiet ist ein wenig wie Niemandsland. Für Reisegruppen kein Ziel. Die werden nach Phnom Penh oder Siem Reap gefahren. Glück für uns. Außer dem Dänen Lars, sind wir die einzigen „Langnasen“ weit und breit. Ein schmaler regenwasserdurchweichter Weg führt ans Wasser heran. Wir setzen uns in eines der verschlafen hin und her schaukelnden Boote und los geht die Fahrt. Blechhütte schmiegt sich an Holzschuppen. Gemeinsam wiegen sie im Gleichmut der Wellen. Irgendetwas ist wunderschön und irgendetwas das ganze Gegenteil. Schaue ich von Weitem, sehe ich die bunten Häuschen, die von schwimmenden Tonnen getragen, ihre Tage auf dem Wasser verleben. Komme ich näher, sehe ich den Plastikmüll, der sich in jede Ecke verkrochen hat, mache ich mir Gedanken darüber, wie es den Menschen gelingt, gesund zu sein. Das Wasser in den Kanälen sieht aus wie Nugat. Nicht ganz so lecker, dafür umso zähflüssiger. Mit allem nur Denkbaren vermengt. Mit demselben Wasser wird gekocht, Wäsche gewaschen, das Haus gewischt. Die Leute pullern hinein und kacken. Was sollen sie auch anderes tun? Badezimmer, Küche, Werkstatt und Toilette in Einem. Hühner gackern herum, Katzen scheuen das Nass, Hunde verteidigen bellend ihr Revier. Eine Kanalisation gibt es nicht. Gut ist, wenn es regnet. Oder der Wind das Wasser aus den Kanälen spült. Doch wohin fließt sie dann, die Kloake? In den fischreichsten See der Welt? Die Fische werden sich freuen…

Die Kinder sind der Sonnenschein im Schatten der Hütten. Sie winken wild, strahlen aus ihren tiefdunklen Augen, während ihre Münder unermüdlich „hello, hello“ rufen.
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