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Unser Schrein / Our shrine

21.12.2015 Ban Buang / Thailand / N13°12’39.2“ E101°14’36.2“

An der Kreuzung halten, um eine Blumenkette zu kaufen. Das ist uns wichtig. Schließlich führt unser Weg heute an Bangkok vorbei. Bei dem Verkehr dort kann es nie schaden, sich noch ein wenig zusätzliche Unterstützung in den Leo zu holen. Zwei Schutz-Ketten hängen da schon. Inzwischen verwelkt zwar. Doch wir mögen sie, so wie sie aussehen. Also bleiben sie. Wäre ja ne tolle Kiste, würden wir alles Welke immerzu durch Frisches im Leo ersetzen. Weiß gar nicht, ob wir dann noch lange mitfahren dürften…
Mit durchschnittlich sechzig Kilometern pro Stunde bewegen wir uns vorwärts. Das klingt nicht viel, fühlt sich in der Fahrerhauskabine aber ganz anders an. Als rasten wir an allem vorbei, was wir vor drei Wochen schon einmal sahen. Oder auch nicht. Der simple Spruch, dass der Wechsel der Perspektive anderes sichtbar macht, bestätigt sich für uns heute auf jedem gerollten Meter. Mitunter meinen wir, hier noch nie gewesen zu sein. So neu kommt uns vor, was vor unseren Augen aus der Momente-Torte springt.
Am Morgen ein gemütliches Frühstück am Meer. Fahrt durch grazile Palmenwälder. Passieren von Lastern voller gestapelter Ananasfrüchte. Suppenküchen an jeder Ecke. Ich bemerke, wie sich mein Blick wandelt. Ich spüre, dass diese Bilder bald nicht mehr mein Alltag sein werden. Als adelte sie dies, nehme ich sie als besondere Schätze wahr. Finde sie nicht einfach „schön“. Sondern messe ihnen einen Wert bei, der über das Maß des Gefallens weit hinausgeht. Ich genieße die kostbaren Augenblicke, gieße ihnen Formen in meiner Erinnerung, in denen sie sich gemütlich betten können. Warum nur bekommen die Dinge für uns einen so unvergleichlich größeren Wert, wenn wir um ihre Vergänglichkeit wissen, und spüren, dass die Sanduhr sich leert? Ist es die Wehmut, die sich dem Ganzen beimischt? Das Sehnen, das einzusetzen scheint, obwohl wir noch da sind? Mir singt sich heute den ganzen Tag Cluesos Titel „Zu schnell vorbei“ durch den Kopf. „…Ich trau’ mich kaum die Augen zu schließen, ich werd’ in Zukunft nichts verpassen, wachsam bleiben und genießen. Will jeden Moment erleben. Heute ist der Tag von dem wir später reden.“ Mir ist, als sei der Liedtext für uns geschrieben worden. Vor einem Jahr konnte ich mich kaum von dem lösen, was mich zu Hause umgab. Nun werde ich wohl nen prallen Rucksack voll Fernweh bei mir tragen, wenn ich den Ort betrete, von dem aus unser Erleben vor zwölf Monaten begann.
Bei jedem Hügel, jeder Delle und Kurve scheppert und klimpert er ein klein wenig. Unser Schrein. Im Laufe der Zeit ist er mehr und mehr gewachsen. Er erzählt seine eigene Geschichte von unserem Unterwegssein. Zu Anfang hingen unsere zwei kleinen Zwerge und drei Glücksengel da. Geschenke, unserer Familie und Freunde. In der Türkei kam das blaue Glasauge dazu, um uns vor missgünstigen Blicken zu schützen. Ein Feuerwehrmann aus Teheran hängte eine Feuerpuppe dazu. Zum Nationalfeiertag der Kasachen trug jedes Fahrzeug ein braun-orange gestreiftes Band. Wir auch. Ein Junge schenkte uns für ein Brot, was wir ihm gaben, in Ost-Kasachstan seinen kleinen, selbst gebastelten, Drahttraktor. Ein russischer Schamane überreichte uns ein Medaillon, was seinen Platz an unserem Schrein fand. In der Mongolei gesellte sich ein ausgedienter Kinderstiefel dazu. Der Knöchelknochen eines Wolfes, ein Geschenk an Sten vom Lehrer aus dem mongolischen Dorf Dundus. Er ist eine ganz besondere Liebesbezeugung. Max, unser junger Freund, schenkte mir seinen Kasachstan Anhänger. Er und seine Familie sind Kasachen, die seit vielen Generationen in der Mongolei leben. Doch ihr Nomadenherz schlägt für beide Völker. An meinem Geburtstag kam ein Paar holländischer Miniaturholzschuhe von Guido und Lilian dazu. Ein rotes Band aus einem buddhistischen Tempel in China schlang sich in die Gruppe, ein blauer Schal der Tibeter auch. Eine kleine chinesische Laterne leuchtet uns heim und ein Buddha aus Thailand begleitet mit seiner Energie unseren Weg. Das rote Herz und eine gläserne Weltkugel begleiten uns, seit wir Petra und Rüdiger aus Berlin kennen gelernt haben.
Ein Schrein, ursprünglich das Wort für eine einfache Holzkiste. Die dem Schreiner seinen Namen schenkte. Wurde der Begriff jedoch seit dem 12. Jahrhundert auch als Ort zur Aufbewahrung sakraler Reliquien verwandt. Unser kleiner Schrein ist keine verschließbare Kiste und sakral ist er auch nicht. Obwohl… Unser Schrein beschützt uns und ist ein für uns bedeutsamer Teil der Geschichte unserer Reise.
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