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Tschetschenischer Abend / Chechen evening

27.06.2015 Almaty / Kasachstan / N43°14’37.5“ E076°56’13.5“

Ganz ruhig steht sie am Küchentisch. Ihre großen dunklen Augen ruhen auf ihrem Mann. Zaremas Augen scheinen zuzuhören was Alwi erzählt. Sie versteht die Worte nicht, doch die Bedeutung wird trotzdem klar. Alwi liebt es, Deutsch zu sprechen. Worte wie „hinzugefügt“, „während dessen“ oder auch die genaue Einhaltung des Genitivs wie in „des Tages“ bereiten ihm einen höllischen Spaß. Jedes Mal, wenn er wieder einen dieser Knaller gestartet hat, kann er hinterher kaum Luft holen vor Lachen. Die Energie wohnt in ihm, auch wenn gerade Ramadan ist und er seit morgens drei Uhr nichts mehr zu sich genommen hat. Jetzt ist es acht Uhr am Abend und seine Frau Zarema ist dabei für uns „Galnasch“ zuzubereiten. Sie ist sehr schön und hat sich obendrein für diesen Abend ganz besonders zurecht gemacht. Das rote Tuch in ihren schwarzen Haaren ist ein genialer Kontrast zu ihren langen Armen und den feingliedrigen Händen.
Ich kann meinen Blick nicht von ihr lösen. Mag ihre zaghaften Bewegungen, das minimale Gestenspiel, welches alles vermag auszudrücken. Eine Ruhe geht von ihr aus, die mich in ihren Bann zieht.
Alwi und Zarema sind ein tschetschenisches Paar. Seit mehreren Generationen leben ihre Familien in Kasachstan. Ihren Traditionen sind sie auch hier treu geblieben. Sowohl im Leben ihrer eignen Kultur als auch in der Sprache. Innerhalb der Familie wird Tschetschenisch gesprochen. Der Sound ihrer Worte ist fremd für meine Ohren. Am ehesten kann ich ein Gemisch aus arabischen und türkischen Klängen daraus entnehmen.
Die Kinder, jedes anders. Die älteste Tochter hilft ihrer Mutter, der große Sohn steht unter dem Artenschutz des Vaters. Die beiden Kleinen machen was ihnen gerade durch den Kopf geht. Vollkommen gelassen nimmt es Zarema hin. Jeder hat hier seine Art zu sein. Wir stehen staunend daneben und fühlen uns einmal mehr in eine andere Welt versetzt. Es ist auf eine eigene Art ruhig, es ist sehr lustig, es ist anders. Alwi genießt, durch uns ein wenig „Welt“ in seinem Haus zu haben. Das spüren wir. Wir im Gegenzug oder besser „Mitzug“ sind selig, in seine Welt eintauchen zu dürfen.
Einundzwanzig Uhr geht die Sonne unter. Fastenbrechen ist angesagt! Wir werden gemeinsam mit Alwis Freund und einem Verwandten in das Wohnzimmer geben. Der Tisch ist gedeckt. Ich überblicke nicht sofort, für wie viele Personen er eingedeckt ist und gehe davon aus, dass wir gleich in großer Runde mit dem Essen beginnen werden. Doch Platz nehmen wir zwei, Alwi und die beiden Gäste. Was ist mit Zarema? Was ist mit den Kindern? Sie essen später in der Küche. Kultur ist Kultur. Traditionen sitzen tief.
Zarema, wir danken Dir für Dein liebevolles Zubereiten des Essens, für Deine besondere, ruhige Art. Danke, dass wir Dich und Alwi kennenlernen durften!

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