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Sonst wird das Essen warm / Otherwise food becomes warm

10.05.2015 Usbekistan / Taschkent / N41°19’31.2“ E069°15’38.6“

 

Sergey besucht uns im Leo auf einen Sonntagmorgen Kaffee. Unsere kleine Form von Alltag. Für uns haben die Tage einen so anderen Rhythmus als zu Hause angenommen, die Themen sind komplett verschieden und welcher Wochentag gerade ist, spielt meist gar keine Rolle. Die Rahmung ist für uns die Länge des Visums und die Frage ist immer, wie schaffen wir es, in das nächste Land zu kommen? Was erwartet uns an der Grenze? Wie werden die Grenzer diesmal drauf sein? Wie kommen wir zu etwas Geld in dem nächsten Land und wie kann die Registrierung gelingen? Hier in Usbekistan zum Beispiel ist es notwendig, dass wir uns nicht ein Mal für die ganze Zeit, sondern an jedem einzelnen Tag registrieren lassen. Keine leichte Aufgabe für uns. Doch das ist die eine Seite unserer Tage. Auf der anderen Seite haben wir viele liebe Menschen um uns, denen wir begegnen, mit denen wir viel Spaß haben und die uns helfen, wo sie können. Sergey mit seinem Engagement für „Delicious Uzbekistan“ ist eines der vielen Vorhaben und frischen Ideen um den Dinge in Usbekistan mehr Farbe zu verleihen. Überall denken sich die Menschen hier etwas aus, um ihr Land bekannter und das eigenen Leben freudvoller zu gestalten. Wir sind uns zu Hause oft nicht bewusst, in welch vielfältiger und variantenreicher Welt wir leben. Es hat etwas Selbstverständliches für uns. Bei den Angeboten der Kultur und Kunst angefangen, bis hin zum Sport, und dem Essen. Wir sind daran gewöhnt, immer wieder aus einem großen Topf der Möglichkeiten zu schöpfen. Das macht unsere Tage bunt. Immer ist was los. Hier nehme ich es ganz anders wahr. Das Leben findet weniger bei all diesen Aktivitäten, als in und mit der Familie statt. Es hat auf diese Weise für mich etwas Ruhiges und Erdendes. Und was ist stimmig? Das Passende liegt wohl wie so oft in der Mitte.

Für mich ist es momentan einfach ein bewusstes Wahrnehmen und ich denke darüber nach, wie es mir auch zu Hause gelingen kann, weniger vom ausgefüllten Kalender bestimmt zu werden und den spontanen Begegnungen mehr Raum zu geben. Auch dort, einfach mal zu bleiben, wenn es sich gerade gut anfühlt. Doch vielleicht ist es eine Träumerei von mir und wir schlüpfen schneller in alte Gewohnheiten hinein als es mir jetzt bewusst ist? Wir werden sehen. Zum Abschied schenkt uns Sergey eine Flasche seines eigenen Weines und verbindet es mit dem Wunsch, dass wir diese Flasche mit unseren Freunden in Deutschland gemeinsam leeren mögen und während dessen von ihm erzählen. Wir werden es gern tun! Darin sind wir uns einig! Am großen neu gebauten Stadion wartet Dariusch Eftikhar auf uns. Er ist der Bevollmächtigte der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien. Seit Wochen sind wir mit ihm per email und telefonisch in Kontakt. Nun freuen wir uns, ihn und seine Frau Svetlana persönlich kennen zu lernen. Wir haben die Verbindung zu ihm über ein befreundetes Paar aus Jena, die lange Jahre in Usbekistan gelebt und gearbeitet haben. Und auch Dariusch hat über die unterschiedlichsten Kanäle schon Einiges über uns gehört. Und doch ist es wie bei einem „blind date“, wenn man sich das erste Mal gegenüber steht. Wir sind uns sofort sympathisch und so sind die Begrüßung, das Willkommen heißen in seinem Heim, die herzliche Umarmung mit Svetlana, das fröhliche Bellen seines Hundes „Treu“ und das Öffnen des ersten kalten Bieres für uns quasi Eins. Von einem Augenblick auf den nächsten tauchen wir ein in die Welt der beiden. Es gibt für uns von der ersten Minute an so viel zu erzählen und gemeinsam kochen tun wir auch. Svetlana bereitet zwei Gerichte zu. Das eine heißt „Nokhodschurwa“ und das andere „Domlama“. Doch ich tituliere die Speisen spontan in „Suppe Svetlana“ und „Gemüsetopf Dariusch“ um. So lecker schmeckt es. So stark verbinde ich die Gerichte mit den beiden und so sehr freue ich mich schon auf den Tag, an dem ich mich selbst an der Zubereitung probiere. Beim vielen Reden kommen wir kaum zum essen. Und so muss ich herzlichst Lachen, über Dariuschs Formulierung: „Lasst uns anfangen, sonst wird das Essen warm.“ Wieder so eine wundervolle Umkehrung der Aussage, wie wir sie in Deutschland aussprechen würden. Bei uns in Mitteleuropa wird das Essen eben kalt und hier in der Hitze des Sommers warm. Köstlich! Tatjana und Schuchrad, langjährige Bekannte von Dariusch und Svetlana und unserer Freunde aus Jena, sind zum Essen eingeladen. Sten und ich stellen sozusagen das Bindeglied der langjährigen Freundschaften der Sechs heute untereinander dar. So gelingt es auch nach Jena zu telefonieren und die beiden dort sitzen gefühlt mit uns am Tisch. Die Stunden fliegen dahin, die Themen umkreisen uns und über allem liegt ein Lachen und eine Fröhlichkeit die uns alle miteinander beschwingt. Wir kosten den Tag aus bis nur noch wenige Minuten von ihm übrig bleiben und verabschieden uns herzlich und immer wieder vor unserem Leo. Es war unsere erste Begegnung, doch sicherlich nicht unsere letzte. Mit dieser Zuversicht winken wir einander zu, bis die Rücklichter des weißen Autos hinter der Häuserfront verschwinden.

 

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