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Singende Düne / Singing dune

20.05.2015 Basschi / Kasachstan / N43°56’24.5“ E078°28’50.1“

 

Irgendetwas in uns möchte bleiben und irgendetwas möchte doch weiter ziehen. Es ist schön, mal für ein paar Tage den Ort nicht zu wechseln, sondern am Morgen ein vertrautes Bild beim Öffnen der Tür zu haben und am Abend das Gleiche zu sehen, kurz bevor wir die Tür wieder verschließen. Und doch packen unsere Hände heute Morgen wie von selbst zusammen. Also weiter. Ganz in der Nähe des Stausees gibt es eine hohe Düne. Die möchten wir sehen. Zu der wollen wir hin. Luftlinie vielleicht achtzig Kilometer, haben wir dann doch schlappe Zweihundert zu fahren, da ein großer Nationalpark das Gebiet umschließt. Und der Eingang liegt nun einmal am vollkommen anderen Ende. Unserem lieb gewonnenen Steppenfeld sagen wir „Tschüß“ und das Schaukeln und Rumpeln und Poltern des Leos beherrscht uns aufs Neue. Wieder denken wir: „Halte bitte durch!“. Wird der Gedanke uns je wieder verlassen? Oder gehört er einfach dazu, zu unserem Unterwegssein? Aus Gelb wird Staub. Aus dem Staub wird saftiges Grün. Die Landschaft ändert sich. Ausläufer des Tien Shan Gebirges liegen wie Walrösser quer in dem riesig großen Tal des Siebenstromlandes „Zhetysu“. „Ile“, „Scharyn“, „Schelek“, „Tutgen“, „Issyk“, „Talgar“ und „Kaskelen“, sind die für meine Ohren fremd und trotzdem anziehend klingenden Namen der Flüsse, die das Gebiet zum Siebenstromland machen. Der Ile kommt aus China herüber geflossen. Keine zweihundert Kilometer trennen uns hier von der Chinesischen Grenze. Und doch ist China für uns noch weit. Geplant haben wir, im September von der Mongolei aus nach China zu reisen… „Maybe“ und „So Gott will“ und „Inshalah“… Die saftig grünen „Rücken der Walrösser“ erheben sich mächtig in die Höhe. Zwei Pässe von eintausend siebenhundert Metern überqueren wir. Und sehen rechts und links unseres Weges die weitaus höher liegenden teils grünen, teils steinigen und verschneiten Gipfel. Ein verzückender Anblick und doch geht mein Herz so richtig auf, als wir wieder in meiner geliebten Weite gelandet sind. Gelb und frei liegt die Ebene erneut vor uns. Keine Ahnung warum, doch DAS ist MEINE Landschaft. Hier kann ich entspannen, hier fühle ich mich wohl, hier kann ich laut schreien und tief durchatmen. Die Rancher am Eingang des Nationalparks sind feine Typen. Sie erinnern uns an Robi, unseren Freund in Cocktown. Er zog vor Jahren mit seiner lieben und taffen Frau Kati nach Australien. Dort arbeitet sie als Ärztin und er ist Rancher. Zusammen leben sie ihren Traum. Vom Wüstenlack überzogen Steine so weit wir sehen können. Wüstenlack entsteht auf den Steinen, wenn sie im Sommer so heiß werden, dass Schmelzprozesse auf ihrer Oberfläche in Gang gesetzt werden. Wie glasiert sehen sie aus. Die Steine. Sie funkeln in der tief stehenden Sonne und sind uns Wegweiser zur Düne. Einhundertfünfzig Meter ist sie hoch und drei Kilometer lang. Sie liegt zwischen zwei Berghängen. Wir stellen uns vor, wie der Wind jahrein jahraus über die Ebene braust. Irgendwann scheint der Sand sich hier, an dieser relativ engen Stelle, verfangen zu haben. Und nun wächst sie an. Die Düne. Ragt heraus, sticht hervor und ist die unbestrittene Königin im Tal. Liebevoll wird sie mit Beinamen „Die Singende“ genannt. Man hört ihren Gesang nicht beim davor stehen. Man hört ihn nicht beim Aufstieg. Ihren Gesang schenkt sie erst beim Absteigen. Als der Sand gemeinsam mit uns nach unten fließt, hören wir den tiefen brummenden Klang. Das Singen der alten Dame.
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